Rote Wand (2.704 m)

Alpe Laguz (1.584 m) – Obere Laguzalpe (1.854 m) – Rote Wand (2.704 m) – retour wie Aufstieg
9 km, 1.300 Höhenmeter, 5:30 Std. Gehzeit

Herausfordernde Tour in der Kernzone des Biosphärenparks Großes Walsertal – herausfordernd nicht nur wegen der Steilheit (die knapp 1.300 Höhenmeter sind auf nur wenige Kilometer verteilt) sondern vor allem auch wegen der ausgesetzten Kletterstellen (UIAA II) zwischen Vorgipfel und Hauptgipfel, die alpine Erfahrung, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordern.

Die Rote Wand ist der zweithöchste Gipfel im Lechquellengebirge. Am bekanntesten ist wohl ihre weithin sichtbare Südwand, die von namensgebenden roten Radiolarit-Bändern durchzogen ist. Rund um diese Bänder finden sich weitere Sedimentgesteine, die verschiedenen Kalke sind großteils in dünnen Schichten ausgebildet. Der ganze Berg ist für Kletterer unangenehm „bröselig“. Rauhe, scharfkantige, schmale Steine verbinden sich mit Geröll und Schotter – höchste Aufmerksamkeit ist nötig.

Auf die Rote Wand gibt es grundsätzlich drei mögliche Routen (vom Formarinsee – unsere Route vor 10 Jahren, von der Klesenzaalpe und von der Laguzalpe so wie heute) – alle Zustiege vereinen sich spätestens unterhalb des beginnenden Gipfelanstiegs. Heute gingen wir von der Alpe Laguz weg, die man nur mit dem Wanderbus ab Marul erreicht. Der Aufstieg führt zunächst durch Alpweiden bis zur Oberen Laguzalpe, wo man vom breiteren Weg auf einen schmalen, weiß-blau-weiß markierten Wanderweg abzweigt. Dieser Weg führt zunächst noch über Wiesen immer steiler werdend in das Schuttkar zwischen Rothorn und Madratsch. Alpen-Kratzdistel, Alpen-Steinbrech und Alpen-Leinkraut kämpfen auf dem Geröll ums Überleben.

Gegen Ende ist der Schotterweg so steil, dass die Schuhsohlen an den Grenzen ihrer Rutschfestigkeit kommen. Ab dem Zeitpunkt, wo sich dieser Weg mit dem Zustieg vom Formarinsee vereinigt, ändert sich die Charakteristik. Im Fels geht es einem dicken Stahlseil entlang auf eine spektakuläre Scharte, mit etwas Höhenverlust quert man danach im Schotter nach Norden. In diesem Bereich herrscht eine nicht zu vernachlässigende Steinschlaggefahr durch die Herren der Roten Wand: Die zahlreichen Steinböcke, die oberhalb des Wegs das Zentrum ihres Lebensraums haben, treten immer mal wieder Steine los. Der letzte Wanderer in der Gruppe vor uns wurde von einem faustgroßen Stein nur um zwei Meter verfehlt. Minimal muss man mit offenen Ohren und Augen und schnell durchgehen, eventuell wäre sogar ein Helm sinnvoll.

Kurz nachdem der Weg von der Klesenzaalpe einmündet, wird es ernsthaft steil. Zuerst noch von alpinen Matten gesäumt, geht es in Richtung Vorgipfel. Ein Wanderweg ist es hier schon nicht mehr … Dank blauer Markierungspunkte ist die Orientierung kein Problem – man sucht sich seinen Weg stellenweise aber auch einfach selbst. Am Vorgipfel wird einem beim Blick zum Hauptgipfel bewusst, dass die Schwierigkeiten jetzt beginnen – genügend Leute kehren hier um. Teilweise muss man an Graten balancieren, teilweise muss man Felsblöcke umgehen, die man manchmal auch umklettern muss, teilweise wartet aber auch „nur“ bröseliges Gehgelände. Immer aber links und rechts steil abfallend – nach Osten blickt man auf einen kleinen Gletscher, nach Westen und Norden ins Große Walsertal.

Am verhältnismäßig großen Gipfel gibt es einen kaum überbietbaren Panoramablick: Hinter dem Formarinsee sieht man am Horizont den Piz Buin, nach Norden und Osten wartet die Prominenz des Lechquellengebirges, der Misthaufen liegt zum Greifen nah. Der Rückweg hat uns schon zum zweiten Mal überrascht: Den oft als Schlüsselstelle bezeichneten Grat haben unterhalb umgangen ohne dass uns das aufgefallen wäre – verblüfft sind wir auf einmal am Vorgipfel gestanden. Im Aufstieg wäre uns der entsprechende Umweg aber nicht aufgefallen. Die Schwierigkeiten sind an dieser Stelle aber noch nicht vorbei – bis fast zur Alpe Laguz hinunter ist weiterhin höchste Konzentration gefordert.

 

Route

Downloads: Rote Wand 2022 07 16 Route.pdf, Rote Wand 2022 07 16.gpx (zip)

Höhenprofil

Download: Rote Wand 2022 07 16 Höhenprofil.pdf

Sebastian Verfasst von: