4 Tage durch den Rosengarten

Der Rosengarten (bzw. eigentlich die Rosengartengruppe) erstreckt sich in Italien über die beiden Provinzen Südtirol und Trentino. Wir waren 4 Tage quer durch den bekannteren Teil, jenen im Trentino, unterwegs – 4 Tage, in denen wir aus dem Bestaunen der beeindruckenden, markanten Gipfelformationen nicht herauskamen. Auf 40 Kilometern und gut 3.300 Höhenmetern gab es einige wenige intensiv „bevölkerte“ Wege, aber auch genug weniger begangene Strecken – trotz der Prominenz und der Beliebheit des Rosengartens gibt es sie noch, die versteckteren Ecken, in denen man relativ alleine ist. Und die sind gar nicht weit von den überlaufenen Hauptverbindungen entfernt.

Unter den Übernachtungsgästen auf den Hütten waren großteils Klettersteiggeher – sicherlich auch eine sehr gute Idee, wir wollten den Rosengarten aber als Vorbereitung auf eine bald anstehende noch etwas längere Runde erwandern. Schwierigkeitsgrade sind klassisch italienisch angeschrieben – nämlich gar nicht oder ausnahmsweise mal mit einem von Hand auf den Wegweiser gekritzelten „sentiero per escursionisti esperti/for expert hikers“. Auf der von uns gewählten Route ging die Schwierigkeit nie über T4 hinaus. Trittsicherheit und tw. Schwindelfreiheit ist ein Muss – die Anforderungen an das Orientierungsvermögen sind allerdings recht überschaubar.

Die Anreise zum Tourstart haben wir am Nachmittag des Vortags absolviert – mit einem gemütlichen Abstecher zur Abendstimmung am Karersee. Optimal gelegen und richtig, richtig gut war das Sporthotel Passo Carezza. Von dort konnten wir am Morgen direkt starten.

 

Direkt am Pass gestartet sind wir auf die Südwestseite des Rosengartens zugegangen – nur um gleich unseren ersten und einzigen Verhauer auszufassen: Der Abzweiger kurz nach „Drei Schupfen“ war nicht markiert, das kleine Weglein ist wirklich einfach zu übersehen. Um mehr oder weniger in der Falllinie zum Monumento a Christomannos zu gelangen, braucht man diesen Weg aber – alles andere wäre ein ordentlicher Umweg. Schon in diesem ersten Stück wird deutlich, was uns die kommenden Tage erwarten wird: viel steil. Ab dem Christomannos sind wird über den Hirzelsteig an der Westseite des Rosengartens unter den imposanten Felswänden bis zur Kölner Hütte weitergangen. Von dort könnte man über einen Klettersteig zum Santnerpass oder hinauf zum Tschagerpass gehen. Wanderweg ist das keiner, ernsthafte Schwierigkeiten gibt es aber auch nicht (T3). Oben am Pass öffnet sich der Blick erstmals ins Herz der Rosengartengruppe – im Hintergrund dominiert der Kesselkogel, im Vordergrund sieht man das Rifugio Vajolet, unser erstes Übernachtungsziel. Nach 11 Kilometern und gut 1.000 Höhenmetern schmeckt das Essen mit Blick auf die Rosengartenspitze besondern – das Rifugio bietet eine komplett Gasthaus-Speisekarte.

 

Der „Königstag“ unserer Tour wartete mit Traumwetter auf – unrealistisch blauer Himmel, keine Wolken und eine ordentliche Tour (1.100 Höhenmeter, 11 Kilometer) mit einem Highlight nach dem anderen. Zuerst sind wir mit viel Gegenverkehr zur Gartlhütte, den Vajolet-Türmen und der neu errichteten Santnerpasshütte aufgestiegen – auch wenn man sich ab und zu am Fels oder an Stahlseilen festhalten muss, ist die in manchen Quellen zu findende Bewertung mit T5 zu hoch gegriffen. Bergauf strömten uns die Übernachtungsgäste von den beiden höher liegenden Hütten entgegen. Ein früher Aufbruch macht Sinn – die Sonne brennt intensiv in den Fels hinein.

Wir sind danach wieder zurück um Rifugio Vajolet hinunter gegangen und haben dann den heißen Aufstieg auf dem breiten, viel begangenen Weg durch das Vajolettal hinauf zur Grasleitenpasshütte in Angriff genommen. Ab der Hütte wird’s wieder deutlich ruhiger, weil’s auch wieder technisch etwas schwieriger wird. Auf dem Weg umrundet man den Kesselkogel südlich – am Pas de Antermoia zweigt der Weg zum Sas de Scalieret ab, dem mit 2.890 Metern höchsten „Nicht-Kletter-Gipfel“ der Rosengartengruppe. Ausgenommen von ein paar etwas ausgesetzteren Stellen geht man oben auf einem breiten Schotterrücken (T3).

Zurück am Pass ging es dann weiter in Richtung Lago d’Antermoia und zum am gegenüberliegenden Ende des Sees liegenden Rifugio Antermoia. Abgesehen von den Altschneefeldern im Abstieg wirkt das ganze Tal mondähnlich – der Talboden ist praktisch komplett vegetationslos. Der Wasserstand des Sees ist stärker schwankend – als Karstsee wird er lediglich von der Schneeschmelze und von Niederschläge gespeist. Die Hütte wurde erst kürzlich gerichtet – wirklich schön. Den Hinweis, etwas überpünktlich zum Frühstück zu kommen, sollte man absolut ernst nehmen, sonst wartet man relativ lang in der Schlange vor dem Büffet.

 

Der dritte Tag brachte wieder deutlich mehr Wolken, die am Morgen teilweise für eine fast mystische Stimmung sorgten. Unser Weg war bis zum Rifugio Vajolet genau der Hinweg – spannend, wie alle Berge komplett anders wirkten, wenn man ihnen aus der anderen Richtung begegnet. Unterhalb des Rifugio haben wir die „Autobahn“ bei der ersten Abzweigung wieder verlassen, über einen schmalen Pfad ging es mit teilweise etwas Höhenverlust unter dem Tschagerjoch durch weiter bis zum Passo Cigolade. Am letzten Wegweiser fand sich der eingangs erwähnte handschriftliche „Experten-Hinweis“, der durchaus seine Berechtigung hat. Kern-„Problem“ ist eine 8 Meter hohe Leiter, die bei uns im Einstieg recht spannend war – von einem harten, schmalen Schneekegel errichte den Anfang der Leiter mit einem großen Schritt. Links und rechts begleitet von einer Art Randspalte, in der Stöcke und Helme lagen.

Nach der Leiter geht man steil und mühsam im teilweise tiefen Schotter hinauf zum Pass, von dem man etwa 250 Höhenmeter nach unten zum Rifugio Roda di Vael (Rotwandhütte) nach unten geht. Nach wiederum 11 Kilometern aber nur 800 Höhenmetern haben wir einen gemütlichen Nachmittag auf der Terrasse verbracht, die von Südwesten dank Liftunterstützung praktisch ohne Aufstieg erreicht werden kann – und die zudem auch die Basis für den Rotwandklettersteig ist. Dementsprechend voll ist es auch …

 

Am Vorabend hatte ein Hagelgewitter für Abkühlung gesorgt, in der frischen, klaren Morgenluft sind wird dann mit den paar Schritten auf den Col de Campac (2.317 m) direkt neben der Hütte gegangen. Für den Rückweg zum Ausgangspunkt haben wir uns gegen den einfachen, kurzen Weg entschieden – es ging zurück bis zur Abzweigung hinauf zum Vajolon-Pass. Zu Beginn geht es ab der Abzweigung steil nach oben, ehe sich ein Hochkessel öffnet, an dessen Nordwesteck man vor der Rotwand steht. Vom Pass hinunter wird es technisch etwas kniffliger (T3), eher man über Hirzelsteig und Christomannos wieder zum Aufgangspunkt am Karerpass zurückgelangt. Mit 8 Kilometern und nur knapp 400 Höhenmetern war die vierte Etappe die kürzeste.

 

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