Die Spaghetti-Runde ist die bekannteste und eindrucksvollste Hochtouren-Durchquerung in den Walliser Alpen, die im Grenzgebiet zwischen Italien und der Schweiz verläuft. Sie führt durch das Monte Rosa-Massiv und bietet die Möglichkeit, innerhalb weniger Tage eine hohe Zahl an Viertausender-Gipfeln zu besteigen. In unserem Fall waren es etwa 3.400 Höhenmeter auf gut 40 Kilometern – in die Runde eingebaut waren die 4 schönsten Gipfel, die vergleichsweise weniger schwierig zu erreichen sind: Breithorn, Castor, Naso und Signalkuppe. Auch wenn die Distanzen und Höhenmeter nicht spektakulär klingen, sind sie nicht zu unterschätzen: Man bewegt sich permanent auf hochalpinem Gletschergelände zwischen 3.420 und 4.554 Metern Meereshöhe.
Die Monte Rosa-Gipfel sind mit Ausnahme des Mont Blanc-Gebiets die höchsten der Alpen. Die zahlreichen Gletscher bilden eines der größten zusammenhängenden Gletscherareale Europas – teils gut begehbar im Spätfrühling und Frühsommer, teils wild zerklüftet und von massiven Seracs umrahmt. Die Monte Rosa-Ostwand unterhalb der Signalkuppe ist die mit mehr als 2.000 Metern die längste Alpenwand, die Capanna Regina Margherita auf ihrem Gipfel ist die höchstgelegene Schutzhütte Europas.
Der Name „Spaghetti-Runde“ stammt daher, dass die Übernachtungen überwiegend in italienischen Berghütten stattfinden, wo traditionell Pasta serviert wird – auch wenn es nicht immer Spaghetti sein müssen. Wir waren mit Alex Klampfer von Firmalpin unterwegs – unabhängig davon, dass wir uns schon länger kennen, eine absolute Empfehlung nicht nur für diese Tour. Von ihm stammen auch Teile der Fotos in diesem Beitrag.
Wir waren schon im Februar im Skiurlaub in der Gegend und konnten dabei von der Bergstation der Bahn auf das Klein Matterhorn einen Blick auf den ersten Gipfel der Tour, das Breithorn, erhaschen. Nachdem man mit der Gondel mehr als 2.000 Höhenmeter nach oben gefahren ist, schnallt man sich auf 3.817 Metern erstmals die Steigeisen an – um sie quasi 4 Tage später an der Monte-Rosa-Hütte wieder auszuziehen. In der dünnen Luft fallen die ersten Schritte schwer, auch wenn zuerst nur flach in einem Bogen über den Klein Matterhorn-Gletscher geht. Die gut 350 Höhenmeter Anstieg zum 4.160 Meter hohen Breithorn sind dann technisch recht einfach – Anreiz genug für viele Leute, mit weniger geeigneter Ausrüstung einen kurzen Tagesausflug dorthin zu machen. Anspruchsvoller ist dann der Weiterweg über den Firngrat hinunter nach Osten, ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Tage. Nach einem weiten Bogen über den Gletscher und insgesamt gut 8 Kilometern kommt man im Rifugio Guide della Valle d’Ayas, der ersten und mit 3.420 Metern zugleich niedrigstgelegenen Übernachtungsstation unserer Tour, an.
Der 2. Tag hielt für uns mit dem Castor (4.225 m) den ersten wirklich steilen Anstieg bereit. Meteo Schweiz hatte kurz nach Mittag Regenschauer, die möglicherweise auch Gewitter enthalten könnten, in der Prognose. Das klassische Hochtouren-Zeitschema „früher Start, früh wieder auf der Hütte“ war an diesem Tag noch wichtiger. Der Anstieg über die Westflanke vom Zwillingsjoch zwischen dem Castor und seinem Zwilling, dem Pollux, ist teilweise um die 50 Grad steil, die Eistreppe unterhalb des Gipfelgrats kann je nach Vereisung auch noch steiler sein. Der Gipfelgrat selbst ist im Normalfall sehr schmal, links und rechts geht’s 200 Meter steil zu den umliegenden Gletschern hinunter. Der weitere Weg nach dem Gipfel führt über den nächsten Grat, ehe man steil über eine bei uns noch gut eingeschneite, später im Sommer aber wohl blanke Flanke nach unten und weiter bis zum Rifugio Quintino Sella geht. Vor der Hütte gibt’s sehr viel Platz, um sich in der Sonne zu erholen – im Inneren wartet eine Couch mit viel Aussicht und ganz wichtig: ein Pelletsofen zum Schuhe trocknen 😉
Tag 3 brachte die zweite steile Flanke der Tour, der erste Teil des Anstiegs auf den Naso (del Liskamm), ein dem Liskamm vorgelagerter Gipfel, der mit 4.272 Metern etwas niedriger ist als der Liskamm. Der Einstieg vom Gletscher auf des Blockgelände ist schon sehr steil, danach geht es im 2. Grad im blockigen Fels weiter nach oben. Vom Fels nach oben hatten wir (noch) perfekte Bedingungen: Firn mit Trittstufen, sodass wir am kurzen Seil gehen konnten – sonst müsste man hier mit Eisschrauben sichern. Das Firnfeld verflacht Schritt für Schritt, ehe es über einen Grat auf den Gipfel geht. Weiter geht es dann wiederum über einen kurzen Grat, ehe es steil über ein noch vorhandenes Schneefeld und einen noch gut überwindbaren Bergschrund wieder auf den Gletscher hinunter geht. Unter dem Bivacco Felice Giordano querend sind wir zum Rifugio Gnifetti, das spektakulär in mehreren Terrassen auf deinem Felsvorsprung errichtet wurde, abgestiegen. Von der „Dachterrasse“ (eigentlich dem Helikopter-Landeplatz) hat man einen beeindruckenden Blick auf den Lisgletscher.
Der vorletzte Tag unserer Runde sollte besonders eindrücklich werden. Die Wetterprognose hatte stabiles Wetter vorhergesagt – ideal für den Abstecher zum höchsten Punkt der Tour, der Signalkuppe (4.554 m). Allerdings hielt sich die Wolkenhaube über den Gipfeln hartnäckig, der Wettergott hatte uns für den Aufstieg hochwinterliche Bedingungen beschert. Unschwer aber trotz der 3 Tage Akklimatisation vorher mühsam ging’s in Nebel und leichtem Schneefall zur Capanna Margherita nach oben – aufwärmen inklusive überraschendem Geburtstagskuchenstück und warten auf das Aufreißen der Wolken lautete die Devise. Nach gut einer Stunde besserte sich das Wetter und wir haben den langen Abstieg über den spaltenreichen Grenzgletscher zur Monte-Rosa-Hütte in Angriff genommen – links und rechts türmen sich riesige Seracs auf und begleiten die Berggeher beim Weg nach unten. Die Monte-Rosa-Hütte, ein Neubau 2010 auf Basis eines Projekts der ETH Zürich, bietet teilweise beinahe Hotel-Komfort – und ist obendrein zu 90% energieautark.
Der Rückweg in die „Zivilisation“ hat grob gesprochen zwei Varianten, den neueren und etwas leichteren Panoramaweg und den „Alten Weg“, der über den Gornergletscher führt, wobei der Übergang von der Gletscherzunge auf den Fels durch den Gletscherschwund Jahr für Jahr etwas anspruchsvoller wird. Eine Brücke, eine Leiter und ein paar Seile helfen, um die Steilstufe auf den Wanderweg zu überwinden. Leicht ansteigend mit einem dauerhaften, prächtigen Panoramablick auf das ganze Monte Rosa-Massiv sind wird zur Gornergratbahn hochgewandert, die uns um wohlfeile 54 Franken pro Person den Weg zurück ins Tal nach Zermatt abgenommen hat.
Route
Download: Spaghetti-Runde 2025 07 Route
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